Eine unerwartete Reise

"Natürlich", bestätigte er und nahm das Gras vorsichtig entgegen. War vielleicht besser, wenn er es hielt und nicht der Junge. Er hatte vor allem auch den längeren Arm und konnte das Gras so genug hoch halten, damit der Schriftzug auch erkennbar war. 
"Versteht Ihr die Worte?"

Natürlich bat das flackernde Licht des Feuers nicht unbedingt die beste Aussicht, aber Nath war es gewohnt, bei Kerzenlicht zu arbeiten, also störte es ihn weniger. Verstehen, war allerdings ein bisschen viel gesagt. Er hatte mal ein Buch über solche Zeichen gelesen und ein, zwei Worte aufgeschnappt. Shia legte sich nachdenklich eine Hand an die Stirn. Wenn Nath so sehr ins Grübeln kam, bekam sie manchmal selber Kopfschmerzen.
"Ähm, also...", murmelte sie. "Er meint, ein Zeichen steht für Stein...dann eines für Leere...und dann eines bedeutet...rechts. Stein...Leere...Rechts? Nath was soll das heißen?"
Nath fuhr sich über das Kinn und zog eine Braue hoch.

Leef liess seinen Blick ebenfalls noch einmal über den Bogen schweifen und hörte gut zu, ehe er jedoch das Gras erst einmal fallen liess und mit dem Stiefel austrat, weil es einfach zu heiss für seine Finger wurde, auch unter dem Handschuh. 
Stein, Leere. Wenn das hier wirklich eine art.. symbolische Tür war, die ja ein Leerraum war.. Oder sogar eine richtige Tür, nur versiegelt? Hm.. 
Er tastete sich im Dunkeln vorsichtig an Nathanael und der kleinen Fee vorbei der Wand entlang nach rechts. Irgendwas war rechts. Ein versteckter Mechanismus oder auch nur ein Hinweis.. zumindest hatte es eine Bedeutung, wenn die Worte richtig übersetzt worden waren. 
Zuerst schien der Schütze nicht viel gefunden zu haben und seine Finger fühlten sich trotz der Hitze draussen kalt und taub an vom Stein, als er damit so eifrig über das Material strich. Dann jedoch fanden die Finger eine Lücke, Er kam mit der Hand ein Stück weit hinein, doch das Loch war zu lang. Knapp konnte er etwas hinten ertasten, aber weiter ging es leider nicht mit seinem Arm. 
"Ähm", machte er also in Richtung der anderen, als er seinen Arm langsam wieder zurückzog. Hatte die kleine blaue Dame einen Namen erwähnt? Er war sich gar nicht mehr sicher. 
"Ihr äh.. seid sehr klein.. Ich glaube, ich habe hier etwas, vielleicht könnt Ihr da mehr erreichen äh.. Mylady."

Als die Worte 'Milady' ertönten, wurde Shia mit einem Mal hellhörig. Vorsichtig sah sie sich um, gar nicht so einfach bei der Dunkelheit. Aber...nein, sie war die einzige Lady hier.
"Ihr...öhm...meint mich, Milord?", kam es langsam und Shia kratzte sich verlegen an der Wange. Nath sah sie stirnrunzelnd an. "Nun, ähm, also...sicher, wenn es hilft."
Langsam erhob sie sich von Naths Schulter und fand nach einigem Umhertasten, das besagte Loch.
"Also...", kam ihre Stimme daraus. "Es ist zappenduster hier drin. Wer immer das hier gemacht hat, muss ein...hey, ich glaube hier ist etwas."
Sie konnt zwar selbst kaum etwas erkennen, doch irgendetwas längliches ragte aus der Wand. Ein Hebel?
"Eine Sekunde...das Teil...klemmt bisschen...noch...etwas..."
Dann mit einem Ruck kam der kleine Hebel ihr entgegen und riss sie fast mit zu Boden.

Leef hätte natürlich selbst mit Licht nicht erkannt, was die kleine Fee in dem Loch gerade fand oder nicht fand. So hörte er nur ein Klicken und hoffte, das das ein gutes Zeichen war und sie nicht versehentlich einen geheimen Abwehrmechanismus oder eine Falle aktiviert hatten. Irgend etwas hatte sich auf jeden Fall aktiviert, denn auf einmal knirschte der Stein vor ihnen laut und es wurde heller, als ein Spalt sich im Gestein auftat und Sicht auf eine grosse, erleuchtete Höhle liess. Sie war Rund und sah aus wie ein grosser Saal. An der Decke waren leuchtende Kristalle angebracht. Der Stein, der eine Tür bildete, war bald ganz verschwunden und liess ihnen Platz, einzutreten.

Nath war nervös zusammengezuckt, als die Steintür zur Seite gerückt war. Als sich dann dahinter eine helle Halle erstreckte blinzelte er überrascht.
"Was geht denn jetzt ab?" Als Shia aus der Öffnung rausflatterte, seufzte Nath erleichert auf. Vorsichtig steckte sie den Kopf in die Halle.
"Okaaay", kommentierte Shia das Ganze. "So langsam wird mir dieser Wald unheimlich. Erst komische Käuze, dann beleuchtete Höhlen? Was kommt als nächstes?"
Auch Nath steckte nun vorsichtig die Nase durch die Tür und versuchte zu verstehen, was es hiermit auf sich hatte. Ob hier jemand wohnte?

"Hm.. immerhin scheint sie verlassen zu sein", vermutete Leef. 
Sobald sie einige Schritte getan hatten, ging die Tür hinter ihnen wieder zu und trennte sie vom Wald und dem Feuer. Die Höhle schien leer zu sein, lediglich eine Ratte war irgendwo, jedoch rannte sie quietschend davon, als sie die Leute bemerkte. Es wirkte nicht so, als gäbe es in dem Raum noch viel interessantes, abgesehen von einem einzelnen Sockel in der Mitte des Raumes, der ebenfalls mit Kristallen ausgeleuchtet, aber leer war.

Shia war nervös zusammengezuckt, als die Tür sich quasi von Geisterhand hinter ihnen geschlossen hatte und beim Anblick der Ratte verzog sie angewidert das Gesicht.
"Ist...noch jemandem nicht ganz wohl bei der Sache?", erkundigte sie sich mit unsicherem Tonfall. Auch Nath kam um ein Schlucken nicht herum. Als er den Sockel in der Mitte des Raumes sah, runzelte er die Stirn. Gerade als er darauf zu gehen wollte, schrillten bei Shia die Alarmglocken.
"Nath, nicht!", rief sie entsetzt. Als ihr Freund zusammenzuckte, erklärte sie sich etwas genauer. "Ich meine...was wenn das ne Falle ist? Ein Sockel mitten in einem Raum...das ist doch irgendwie verdächtig, oder?"

"Irgendjemand war hier zumindest schon einmal oder ist es immer noch", vermutete Leef, der nun ebenfalls langsam in Richtung des Sockels ging, vorsichtig jedoch und bedacht darauf, im Notfall die Waffe zu ziehen. Es gab hier bestimmt noch einen zweiten Zugang.
"Hiohiohiooo! Ihr Widerlinge schon wieder! Erst setzt ihr den Wald in Brand und nun schleicht ihr euch in unsere Stätte!", ertönte auf einmal eine schrille und vom Echo verzerrte Stimme von überall und doch nirgends.

Nathanael zuckte erschrocken zusammen und sah sich wie von der Tarantel gestochen um, doch nirgends im Raum konnte er etwas erkennen. Seine Augen hatten sich geweitet, seine Hände zitterten.
Kaum hatte sie die Stimme gehört schmiegte Shia sich an ihren Freund, sah sich nervös um und ließ ihre Sporen aus.
"Wer...wer ist da?", fragte sie laut.

"Die Frage ist vielmehr.. wer seid ihr?!", kreischte die Stimme.
Für einen Augenblick blitzte es in dem Raum, obwohl es mehr eine Art Riss aus Licht denn wirklich ein echter Blitz war, dann stand eine Gestalt geduckt und mit Buckel hinter dem Altar und schielte zu ihnen herüber.
Der anscheinend irre gewordene Kerl, den sie eigentlich an einen Baum hatten fesseln wollen, blickte sie aus seinen unglaublich dunklen Augen an und rümpfte die Nase. Er sah links hinter dem Altar hervor, dann rechts, wieder links, zuletzt stellte er sich genug gerade hin, um auch darüber hinweg blicken zu können. Aber auch nur so lange, bis die Ratte von vorhin wieder angerannt kam. Der verwahrloste Mann hob die dicke Ratte auf und die Ratte quiekte und er quiekte, ehe sie beide ruckartig die Köpfe in die Richtung der drei Reisenden drehten.
"Sososo! Ist das also so, meine Liebe Bettina? Ihr seid Spione aus dem Süden! Deswegen habt ihr mir auch meinen Beschwörungsspruch abgenommen u-und dann die Beweise mit Feuer vernichtet!"
Leef wusste wirklich nicht, was er von dieser Wendung halten sollte. Seine grösste Furcht war nicht einmal der Mann selbst, sondern die Möglichkeit, gleich wieder von unzähligen, tollwütigen Pestbiestern angesprungen zu werden. Doch der Boden blieb leer.

Es war schwer zu sagen, was Nathanael mehr erschreckte. Das plötzliche Schreien, der Riss aus Licht oder die plötzliche Rückkehr des Mannes. Jedenfalls machte er mit jedem weiteren Wort, das der Mann sprach, einen Schritt zurück und schob sich vorsichtig hinter Leef.
Shia hatte sich die ganze Zeit an Nath geklammert und war sich nicht sicher, was sie von diesem komischen Kauz und seinen Anschuldigungen halten sollte. Oder der Tatsache, dass er mit einer Ratte sprach.
"Ähm, Entschuldigung bitte", begann sie zögerlich, flatterte aus Naths Schal hervor, der einen Arm ausstreckte, als wolle er sie abhalten, "ich glaube hier liegt ein Missverständnis vor, mein...Herr. Ein...Bekannter von uns hatte seinen Geldbeutel verloren und wir waren deshalb in den Wald gekommen. Wir wollten sie ganz sicher nicht...ausspionieren."

"Genau so, war es", bestätigte Leef und nickte bestätigend. "Wir sind wahrlich aus dem Süden, jedoch sind wir lediglich auf der Durchreise und wir wussten ehrlich gesagt nicht einmal, dass es in dieser Gegend ähm.. Leute gibt."
"Na, nanana! Parlapapp und Vogeldreck! Mich könnt ihr nicht hinters Licht führen! Ich rieche jeglichen Betrug auf zehn Kilometer und an euch klebt er fest wie eine garstige Zecke!!", japste der Mann und bleckte die schiefen, langen Zähne.
"Krysa, das reicht nun!", ertönte eine Stimme, die um einiges weniger in den Ohren kratzte, als die des Rattenbesitzers. Dafür war sie umso lauter und beherrschender. Einmal mehr blitzte es und eine andere Gestalt erschien bei dem Podest, welche die Truppe kritisch musterte.
"Stimmt es, dass ihr für den Waldbrand verantwortlich seid?"

Shia war reichlich perplex gewesen, als auf einmal eine weitere Gestalt wie aus dem Nichts erschienen war. Schließlich kamen Gestalten nicht einfach so aus dem Nichts, das ging einfach nicht! Aber offenbar doch.
"Tja, öhm, also..."
Sie brach ihre gestammelte Ausrede ab, als Nathanael näher an das Podest trat. Eine düstere Vermutung kam in ihr auf.
"Nath, nein nicht!" Sie schwirrte ihm vors Gesicht und hob beschwichtigend die Arme. "Ganz, ganz schlechte Idee, du musst nicht..."
Nath biss sich auf die Unterlippe und blickte traurig, aber schuldbewusst zu Boden. Er schob sich an Shia vorbei, sah zu den beiden Männern auf, legte sich eine Hand auf die Brust und nickte.

"So, so, so.. Wir hatten es uns doch fast gedacht."
Der Mann rollte einmal mit den Augen, die unglaublich gross und durchdringend waren, und hob dann die Arme, um damit eine Bewegung zu vollführen, als wolle er davonfliegen. Oder Hampelmänner üben.
"Ihr hört es meine Herren, die Fremden geben zumindest die Tat zu. Ich denke nun, dass wir die Sitzung eröffnen können!"
Seine Stimme hallte durch den Saal, erst mehr, dann auf einmal weniger, weil leises Stimmengemurmel hinzukam und das Echo verschlang. Der ganze steinerne Saal wurde immer heller und leuchtender und auf einmal war er hell erleuchtet und wirkte gar nicht mehr wie ein altes, verlassenes Loch. Auf hohen Säulen sassen viele Gestalten, eine skurriler als die andere, in eingemeisselten Sesseln, und die zuvor leeren Wände führten weit hinaus in geschmückte Gänge mit vielen Türen, die noch mehr Gestalten entblössten, einige mit vielen Büchern auf den Armen, andere mit Gläsern und Töpfen.
"Hoher Rat der freischaffenden Magier! Wir behandeln heute den Fall der Eindringlinge aus dem Süden, dies Spione der Arbeitsdiktatur und Aristokratiesklaverei! Bringt den Zeugen herbei!", rief der Mann mit der lauten Stimme und der andere, der wie eine Ratte aussah, kicherte schrill.
Eine Weile geschah nichts und Leef nutzte diesen Moment, um näher heran zu treten und so Nathanael besser zu decken können. Seiner Meinung nach waren die Kerle hier alle.. völlig irre. Der Trick mit dem Raum war zwar schon sehr eindrücklich und auch fragwürdig, aber dennoch, das konnte doch nicht ihr Ernst sein.
Seine Zweifel bestätigten sich, als zwei bucklige, alte Männer mit ledriger Haut und langsamen Schritten den aufgerufenen Zeugen mit sich brachten - der war nämlich kein anderer als der verfluchte Herr Wegener. Als dieser die Truppe sah, grinste er kurz und zwinkerte, machte dazu ein Zeichen, dass wohl in irgendeiner Sprache so viel hiess wie 'keine Panik, ich dreh das Ding'. Aber zumindest Leef verstand diese Sprache nicht.
"Herr Zeuge, sind das die Männer und die Libelle, von denen Ihr gesprochen hattet?", fragte der Sprecher des Magierrates.
"Wahrlich, wahrlich, Herr Sova! Also.. zumindest der Junge gehört auf jeden Fall dazu und die.. hehe.. Libelle", bestätigte Ferik auch sogleich mit seinem überzeugendsten Ausdruck. "Der andere ist eigentlich nur eine unnötige Beilage, aber ja, die Steinriesen wollten ihn nun mal leider nicht verspeisen."
"Pfs..", machte Leef und machte den eisigen Todesblick der Verachtung.

Nach der Sache mit den Steinriesen hatte Nath eigentlich geglaubt, alles gesehen zu haben, doch diese Reise belehrte ihn in Windeseile eines Besseren. Mit fassungslosem, erstarrtem Blick starrte er auf die 'freischaffenden Magier' die abschätzig zu ihnen hinunter blickten. Und mit einem Mal wünschte er sich ganz weit weg.
Als dann auch noch Ferik dazu kam, war das Chaos völlig komplett. Nath konnte aus dessen Zeichensprache nicht viel machen, Shia interpretierte sie ähnlich wie Leef. Wutschäumend platzte es aus ihr heraus:
"Einspruch! Libellen haben ganz dünne flügel, die sich extra schnell bewegen! Und sie haben ganz komische Facettenaugen, du dummer, hässlicher-"
Der plötzliche Ausbruch ließ ein skeptisches Gemurmel durch die Reihe der Richter gehen und Shia räusperte sich nervös.
"Außerdem", ergänzte Shia hastig, "war das reine Selbstverteidigung. Der da", sie zeigte auf den Rattenkerl, "hat seine kleinen Biester auf uns gehetzt. Eins von denen hat Nath gebissen, was wenn er jetzt Tollwut kriegt?!"
Kaum hatte sie den Gedanken ausgesprochen, bereute sie ihn und wisperte Nath zu: "Keine Angst, dir geht's ganz bestimmt gut, keine Panik, ich bin da."

"Dumme, hässliche waaaas?!", keifte einer der freischaffenden Magier von seinem Platz hinunter. Einer, der kaum still sitzen konnte, in ein glänzendes Türkis gekleidet war und grosse Glubschaugen hatte.
"Libellen sind ein Wunder der Natur! Nützlich, majestätisch! Im Gegensatz zu so einer quietschenden, nervtötenden Flatterfee!"
"Es war keine Selbstverteidigung, ganz bestimmt nicht!", heulte der, den die anderen Krysa nannten. "Sie hatten meine Zauberformel gestohlen, ich muuuuusste etwas tun!"
"Meine Herren, meine Herren! Jetzt beruhigt euch doch bitte!", sagte der, der die Versammlung moderierte und er hob die Hände. Erst als langsam wieder Ruhe eintrat und alle Blicke wieder auf den Angeklagten lagen, räusperte er sich erneut.
"Ob nun Libelle oder Selbstverteidigung hin oder her, stimmt ihr der Aussage des Herr Zeugen zu oder nicht?"
"Also- ich bin bestimmt keine Beilage, wenn Ihr das andeuten wollt!", schnaufe Leef von hinten her. "Wenn schon ist er die Beilage, die niemand von uns dabei haben wollte!"
"Das ist nicht war. Ich bin der Geist und die Seele unserer Gruppe", behauptete Ferik.

"Wer's glaubt wird selig", schnaubte Shia, während Naths Blick von einem Magier zum Nächsten glitt. "Aaaaaber...sagen wir es ist nicht ganz falsch was dieser...ähem...Herr hier sagt."
Shia richtete sich zu ihrer vollen Größe von stolzen elf Zentimetern auf und räusperte sich. Praktischerweise hatten Feen, trotz geringer Körpergröße, außerordentlich starke Stimmbänder.
"Dieses Subjekt dort", sie deutete in Richtung Feriks, "heißt, wie es euch sicher bereits berichtet hat, Walter Wegener. Und ist von Beruf...Landstreicher." Sie betonte genüsslich jede einzelne Silbe des Worts. "In der Tat ist es so, dass wir, aus reinen Gründen der Notwendigkeit, mit diesen Individuum zusammen gereist ist. Wobei ihm sein Geldbeutel abhanden kam. Bei dessen Dieb es sich, unseres Wissens nach, um jenen Herrn handelt." Sie deutete auf Krysa und legte die Fingerspitzen aneinander.
"Zwecks Wiederbeschaffung gestohlener Ware gingen wir daher in den Wald, wo es zur Konfrontation mit Herrn Krysa kam. Uns ging es dabei lediglich um unser Hab und Gut. Wir hatten keinerlei Intention Sie bei ihrer...Zusammenkunft zu stören. Was vor allem daran liegt, dass uns Ihre Anwesenheit an diesem Ort...unbekannt war."

Bei Shias Rache in Sachen Bezeichnung verzog Ferik eingeschnappt den Mund. Aber da sie ja eigentlich recht hatte, sagte er dann lieber nichts und lächelte nur unschuldig und selig, als die Magier zu ihm her sahen. Zum Glück lagen die Blicke nur kurz auf ihm, da nun ein ganz anderer das Thema wurde.
"Lügen, Lügen! Alles Lügen!", schrie Krysa und raufte sich die Haare.
Der Vermittler versuchte ruhig zu bleiben.
"Hast du das Gold dieser Leute gestohlen?", fragte er diesen.
"Von stehlen kann keine Rede sein! Es lag da und niemand wollte es und es hat geglitzert und.. Was ist das überhaupt, werde ICH jetzt hier verhört?! Gold oder nicht Gold, was ändert das daran, dass diese Leute Spione aus dem Süden sind?!?"
"Nun.. Man muss zugeben, selbst wenn wir Spione wären, so wären wir bestimmt keine Guten. Wir hätten diesen Ort kaum gefunden, wenn nicht ein Mann mit Ratten uns darauf aufmerksam gemacht hätte", behauptete Ferik.
"Und ich dachte, politische Versammlung im Kaiserreich seien schlimm", seufzte Leef und griff sich mit einer Hand an die Stirn.
"Genug!", kam nun die mächtige Stimme eines Mannes von oben, einer mit einer unglaublichen Haarpracht. "Wir haben genug gehört, wir beraten uns nun erst einmal und treffen eine Entscheidung."

Nath verfolgte mt gerunzelter Stirn, wie die Magier sich zur Beratung zurück zogen.
"Ähem." Shia kratzte sich nachdenklich an der Wange. "Wäre das nicht ein guter Zeitpunkt, sich aus dem Staub zu machen?"
"Oh", meinte einer der Magier, als wäre ihm wieder etwas eingefallen. Er schnippte mit den Fingern und die sowieso schon geschlossene Steintür wurde auf einmal von dicken Wurzeln bedeckt. Der Magier wandte sich wieder ab und schloss sich seinen Kollegen an.
"War vielleicht doch kein so toller Plan." Sie blickte zu Ferik und verschränkt die Arme vor der Brust. "Und wie kommst du in die Gesellschaft dieser...Herren?!"

"Nur ein echter Spion würde behaupten, kein Spion zu sein", verkündete einer der Männer.
"Naja", meinte ein anderer, "aber ein guter Spion, würde behaupten ein Spion zu sein, da wir ihm das dann niemals glauben würden. Diese haben das nicht getan, also sind sie keine Spione."
"Ähm...", meldete sich ein anderer vorsichtig zu Wort. "Sollten wir uns vielleicht nicht erst einmal um das Feuer kümmern?"

Ferik wackelte entschuldigend mit den Schultern.
"Ach.. ich lag so da, alleine mit den Pferden und briet mir eine gefangene Ratte über dem grossen, prächtigen Lagerfeuer und genoss den Abendhimmel, als ich auf einmal hier landete.. Als Angeklagter eines Prozesses gegen Tierquälerei. Aber anscheinend haben sie das fallen gelassen, als ihr aufgetaucht seid mit euren viel schlimmeren Verbrechen."
"Nur mit dem Unterschied, dass wir bestimmt unschuldig sind", knurrte Leef.


"Ah ja. Das Feuer", stellte einer fest, als hätte er den Umstand, dass der Wald brannte, schon lange wieder vergessen gehabt.
"Aber um das Feuer zu löschen, müssten wir diese Sitzung vertagen und das würde den Spionen Zeit geben, unsere Geheimnisse zu finden und an den Süden zu verkaufen!", keuchte ein fünfter ganz entsetzt.
"Vorausgesetzt sie sind wirklich Spione. Ich finde diese Theorie von unserem Kollegen schon sehr interessant."

"Och, wenn der liebe über Nagetiere so viel weiß, wie über Insekten", bemerkte Shia höhnisch, "war es vielleicht nur ein Missverständnis."
Nath ließ die Schultern sinken und seufzte vernehmlich.
"Hast schon recht, vielleicht sollten wir lieber schauen, wie wir hier fortkommen."

"Herrje, sie haben recht", meinte der Andere. "Was das für ein bürokratische Aufwand wäre, die Sitzung zu vertagen."
"Um auf die Theorie des werten Herrn Kollegen zurückzukommen: Diese Menschen müssen gewusst haben, dass sie es bei uns mit intelligenten Gesprächspartnern zu tun haben. Daher vermute ich, es handelt sich um einen Doppelbluff. Sie wissen, dass wir sie für Spione halten würden, sollten sie behaupten Spione zu sein, um uns weiszumachen, sie seien keine Spione. Deswegen nutzen sie die umgekehrte Taktik und täuschen vor keine Spione sein, indem sie sagen, sie wären keine, da sie wissen, dass uns das stutzig macht und wir überlegen-"
"Verzeiht wenn ich unterbreche, aber was wenn wir die Loyalität prüfen?", fragte einer. "Wenn sie keine Spione sind, dann sollen sie den angerichteten Schaden wieder gut machen. Und zu der Eindämmung der Feuersbrunst beitragen."

"He. Ich weiss viel über Nagetiere. Mein Sohn hat sich einmal eine Ratte als Haustier gehalten für eine Weile", verteidigte Ferik sich.
"Die Tür scheint leider kein Weg zu sein", stellte Leef fest. Das sah man ja auch ohne Bewegungsfreiheit. Da die Magier sich zurückgezogen hatten und ihre Ruhe wollten, war auch die Illusion von dem leeren Steinraum zurückgekehrt. Oder war es gar keine Illusion? Er hatte keine Ahnung, er verstand sich nicht wirklich in Magie.
"Das Licht spendende Loch in der Decke könnte gross genug sein, um Platz für eine.. Fee? zu lassen. Aber da ist immer noch das Feuer am wüten.."
Und die Chance, dass Shia den Hauptmann fand und ihn herführte, so dass der Hauptmann sie mit seinem Mut und seiner Stärke alle retten konnte.. war gering.


"Hu. Das ging mir jetzt beinahe ein wenig zu schnell mit dem Doppelbluff. Könnten Sie das vielleicht noch einmal wiederholen, verehrter Kollege?", fragte einer.
"Nein, nein. Er hat schon recht, diese Überlegerei bringt uns nichts. Wir müssen es prüfen, um weiter zu kommen. Aber ich weiss nicht, ob die ledige Eindämmung da wirklich Beweis genug ist. Sie könnten schliesslich das Feuer absichtlich gelegt haben, nur, weil sie ahnten, dass sie es dann selbst wieder löschen würden, um uns ihre Ehrlichkeit zu beweisen!"
"Na ja", sagte ein Magier leise, der bisher lieber an sonst etwas herumstudiert hatte. "Im Zweifelsfall können wir sie immer noch in eine Zelle werfen oder ganz durchbraten braten, dann ist es sicher. In Anschluss auf die Hilfe bei der Schadensbegrenzung natürlich."

"Fee, richtig", meldete sich Shia verlegen zu Wort, "aber Herr Stornbold, ähm...selbst wenn ich durchkomme...ich bin mir nicht sicher, ob er mir glauben würde...der Hauptmann kennt mich nicht..."
Und es wäre ihr auch lieber gewesen, wenn das so blieb, fügte sie in Gedanken hinzu. Nath schob seine Freundin vorsichtig ein wenig näher an sich heran und sah sich um. Außer der verschlossenen Tür gab es nur die zum Versammlungsraum der Magier und Nath war sich nicht wirklich sicher, ob er da hin...
Mit einem Mal erhellte sich sein Gesicht. Shia runzelte die Stirn.
"Nath, was meinst du?", sie legte ihm eine Hand in den Nacken. Dann verzog sie das Gesicht. "Meinst du das ernst?"
Er zuckte mit den Schultern.
"Nath meint, vielleicht können wir sie davon überzeugen, dass wir uns ihnen anschließen wollen."

"Also, sie wissen, dass wir sie für Spione halten werden. Normalerweise würd man dann..."
"So eine Aufgabe darf man auch niemandem übertragen, der ein Spion ist. Sie würden absichtlich dafür sorgen, dass es sich weiter ausbreitet."
"Im Zweifelsfall durchbraten. Wir können die Gefangenen ja nicht ewig durchfüttern."

Da hatte die Fee wohl recht. Verflucht.
Leef nickte und sah äusserst bedrückt aus. Als die Fee dann aber Nathanaels Idee übersetzte - wie auch immer sie das konnte -, sah er wieder auf, erst kritisch, dann relativ entschlossen.
"Es wäre zumindest ein Versuch wert."
"Müssten wir dafür nicht so.. Magier sein oder so etwas?", bemerkte Ferik doch ein wenig zweifelnder.


"Schwierig, schwierig.."
"Nein, durchfüttern können wir sie definitiv nicht. Es ist so schon zu schwer, hier in der Wildnis genug leckeres Essen zu kriegen. Mufflins Essenszauber ist auch nicht das Wahre, das Resultat sieht zwar verlockend aus, schmeckt jedoch wie Mehl mit Wasser."
"Ich finde ja sowieso seltsam, wie schnell unsere Vorräte immer verschwinden."
Krysa hustete und schluckte schnell den Keks hinunter, den er eben noch am anknabbern gewesen war.
"Also verurteilen wir sie nun zum Tode oder zur Arbeitspflicht oder zu beidem?", fragte der Sprecher der vorherigen Runde. "Entscheidet euch bald, meine Herren. Mein linker Zeh ist mir schon wieder eingeschlafen."