Schicksalsspiel

Elin schnaubte und stampfte etwas ungeduldig mit dem Fuß auf. Auf einmal schoss eine Feuerfontäne aus dem Boden. Sie war so überrascht, dass sie selbst zurückwich. Der Steinboden war von Ruß geschwärzt. Was war das denn jetzt? War das auch Livedin gewesen?

Livedin lachte sich ins Fäustchen.
"Ich denke, das ist Vorstellung genug", wandte er sich an die Jury.
"Wir haben alle bewiesen, dass wir in der Lage sind, Magie zu benutzen."

Lucia wich erschrocken zurück, als die Flamme sich auf einmal in eine Fontäne verwandelte und in den Himmel schoss und einigen der Magiern ging es nicht anders. Sie zog scharf Luft ein und hielt sich die Hand an die Brust.
Sie warf einen Sietenblick auf Livedin, der sich ins Fäustchen lachte. Also war es doch er gewesen. Oder?
Interessiert blickte sie in Richtung der Magier. Viele waren erschrocken, eingie erstaunt und einer...schaute er auch zu Livedin? War das Misstrauen in seinem Blick?
"In der Tat", meinte einer der Magier etwas mürrisch und rückte sich die Brille zurück. "Doch offenbar mangelt es noch etwas an Kontrolle. Ihr könntet uns zumindest vorwarnen, bevor ihr ein Inferno veranstaltet."
"Nun, ein flammendes Temperament zeugt sicher von flammendem Eifer", meinte der Erzmagier schließlich. "Also gut, wir werden euch als Schüler aufnehmen. Einen Lehrplan müssen wir noch zusammenstellen und Meister finden, die eure individuellen Talente entsprechend fördern. Bis dahin könnt ihr hier wohnen. Wir werden sehen, ob in einigen der Wohnblöcken noch Kammern frei sind."

Elin warf dem Magier nur einen triumphierenden Blick zu. Leider hatte sie keine Ahnung, wie das weitergehen sollte, wenn Livedin mal nicht in der Nähe war.

Bis man Kammern für sie herausgesucht hatte, wurden sie in einen kleinen Gemeinschaftsraum geführt, von dem aus man Aussicht auf die Stadt hatte.
"Wart Ihr das Livedin?", erkundigte sich Lucia als man sie vorerst alleine ließ. "Habt Ihr dieses Feuer erzeugt? Oder warst du das, Elin?"

"Ich wüsste nicht, dass ich so was könnte", murmelte sie. "Also danke", meinte sie an Livedinn gewandt.
Ohne ihn wäre sie tatsächlich aufgeschmissen gewiesen. Trotzdem wunderte sie sich, über das Ding in ihrem Rucksack. Vielleicht sollte sie es dem Gott mal zeigen.

"Keine Ursache", winkte er ab.
"Ich bin nur froh, dass wir es geschafft haben. Und ich bin müde… Wäre wohl besser, wenn ich mich mal ein wenig hinlege."

Da konnt Lucis kaum etwas dagegen einwenden. Es war ein anstrengender Tag, sie waren wieder nur knapp den Engeln entkommen und noch schwieriger war es gewesen, die Magier zu überzeugen. Ob sie hier drinnen sicher waren? Und wenn ja: Wie lange?
"Wie geht es jetzt weiter?", wunderte sie sich. Sie blickte sich um und senkte die Stimme. "Meint Ihr, wir können den Halbgott irgendworan festmachen?"

"Das werden wir sehen, sobald es soweit ist", war Livedin da relativ optimistisch.
"Es gibt schon Möglichkeiten, einen Halbgott zu entdecken. Ausser natürlich, er will nicht entdeckt werden. Dann kann es schwierig werden."

"Aber weiß er denn überhaupt, dass er der Halbgott ist?", wollte Elin wissen.

Lucia sah nachdenklich aus dem Fenster und wunderte sich, ob diese Magierakademie nicht mehr ein Gefängnis als eine Zuflucht war. So viele Menschen und so hohe Mauern...nachdem sie so lange auf der Fucht gewesen war, fühlte sie sich hier alles andere als wohl.
Durch das Fenster konnte sie sehen wie langsam die Sonne unterging und sie ließ ihren Blick an der Mauer entlang schweifen. Sie zäunte das Areal der Akademie fest ein, ließ nichts rein oder raus. Nur an einer Stelle jenseits der Mauer konnte sie einen Baum sehen, der sie überragte und sogar recht nah an der Brustwehr stand. Ansonsten sah sie kaum etwas grünes vor dem Fenster.

Auf einmal klopfte es schwungvoll an der Tür. Einmal, zweimal, dreimal und eine ihnen wohl nicht ganz unbekannte Stimme flötete melodisch:
"Oh, oh Alisa, du kleines Flammenhaarhexchen! Ich habe ein Geschenk für dich und es wird dir ganz bestimmt besser gefallen als das letzte!"
Zirkon schien tatsächlich nicht zu merken, dass dies gar nicht die Tür von dieser gewissen Alisa mit den auffälligen Haaren war. Und das, obwohl er vollkommen nüchtern war. Vielleicht lag es auch daran, dass er sich ein teures, aber tatsächlich ziemlich blickdichtes Seidentuch um den Kopf und über die Augen gebunden hatte.

Elin fuhr herum. Sie hatte zwar keine Ahnung, wenn der meinte, aber da sie auch etwas mit Feuer gemacht hatte, fühlte sie sich angesprochen. Jedoch staunte sie nicht schlecht, als sie genau den merkwürdigen Typ wieder erkannte.
"Also ich bin zwar nicht Alisa, aber ich nehm es trotzdem gerne", meinte sie dann und streckte die Hand aus.

Er schwieg einen Moment und überlegte, wer es denn sonst sein konnte, wenn das nicht die richtige Tür war. Aber er konnte es zumindest an der Stimme leider nicht erkennen. Man, wie peinlich aber auch. Aber er konnte das schon noch retten, er konnte alles.
"Ohh.. Hab ich Alisa gesagt? So ein Blödsinn, wie komm ich denn da drauf, natürlich nicht Alisa", winkte er ab und lachte kurz auf. Ein relativ ungelungenes Lachen. Um es zu überdecken, machte er eine schwungvolle Verbeugung.
"Meine Verehrte, ich bewundere Ihre Künste wie auch sonst alles von Ihnen. Bitte nehmt deswegen dieses Geschenk an."
Er fasste in eine Manteltasche und zog eine kleine, rote Rose hervor. Sie wirkte ziemlich echt, war aber irgendwie erstarrt und gehärtet. Ob jetzt durch Magie oder ein sonstiges Verfahren war aber nicht erkennbar. Dafür glitzerten die Blütenblätter leicht im Licht, das war doch auch etwas.

Lucia verfolgte die ganze Prozedur erst mit Nervosität, dann mit zunehmender Verwirrung. Schließlich starrte sie den Mann an, wie einen Polarfuchs, der auf einmal begonnen hatte zu tanzen.
"Ähm, Herr Livedin", wandte sie sich im Flüsterton an den Gott. "Ist das ein Begrüßungsritual hier in der Gegend? Oder verbreiten Neuigkeiten sich hier einfach schneller als man glaubt?"

"Ich weiß, dass ich toll bin", meinte Elin und hustete nochmal demonstrativ, um seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen.

(halbgott? )


"Nun ... ehrlich gesagt bin ich mit dieser Frage etwas überfordert. Aber ich glaube nicht, dass das normal ist", meinte er zu dem Benehmen des seltsamen Kauzes.

(Pardon, meinte natürlich Gott ;-) )

Bei genauerer Untersuchung kam der Aufzug ihr auf einmal bekannt vor.
"Sagt mal", wandte sie sich an den Neuankömmling. "Sind wir uns nicht gestern auf der Straße über den Weg gelaufen?"

Zirkon befand ja schon die Antwort von Elin als unerwartete Konsequenz seines Charmes. Aber als sich dann auch noch die anderen Stimmen in sein Hörfeld schoben und eine ihn sogar auf solche Weise ansprach, da schien sogar er den Braten zu riechen und langsam richtete er sich gerade auf und schob sich dann das Tuch mit einer Hand ein Stück weit von den Augen.
ja, die Truppe kannte er definitiv. Aber.. hö? Was machten DIE denn HIER?!
"Oh..", machte er deswegen nur einmal erneut und musterte sie alle, ehe er vor allem Elin unglaublich skeptisch anblickte und dann einen halben Schritt zurückmache. Die Blume, die er ihr zuvor noch entgegengestreckt hatte, verschwand wieder in seiner Manteltasche. Verflucht, wieso musste er auch immer so Unglück haben! Jetzt hatte er sich bestimmt angesteckt! Wie kamen solche zwielichtige Gestalten auch hierher?!
"Das ist.. tatsächlich eine äusserst unerwartete und.. spezielle Situation", ächzte er letztendlich. Man konnte ihm ansehen, dass er sich wie im falschen Bilderbuch fühlte.

Elin zog eine Augenbraue hoch und musste grinsen.
"Tja, für uns nicht so", meinte sie.

Eigentlich fiel diese Aktion schon unter das, was Lucia als "speziell", bezeichnen würde, sofern sie es einschätzen konnte.
"Sagt, mein Herr", wandte sie sich an Zirkon und legte ein wenig den Kopf schief, "gibt es einen speziellen Grund, warum Ihr Eure Augen, mit diesem Tuch verdeckt habt?"

"Gewiss, gewiss", sagte er und nickte, "Es geht das Gerücht um, Meister Bologneses kleiner Basilisk sei entwischt und bis dieser wieder in seinem Käfig sitzt, wollte ich lieber auf Nummer sicher gehen. Andererseits wird es nun auch keine Rolle mehr spielen, jetzt, wo ich mich bestimmt ganz recht mit einem hochansteckenden und tödlichen Gebrechen infiziert habe!"
Mit einem dramatischen Aufseufzer und einer noch dramatischeren Bewegung warf er die edle Augenbinde hinfort wie eine holde Maid ihr Taschentuch.

Elin prustete los. So was Naives hatte sie ja noch nie erlebt. Das war ja fast schon wieder witzig.
"Du wirst nicht mal mehr den morgigen Tag erleben", brachte sie hervor.

"Was für ein hochansteckendes, tödliches Gebrechen?", fragte Livedin reichlich irritiert.

Lucia war ihrerseits ebenso verwirrt, zum einen da sie keine Ahnung hatte, was das Gerede von Basilisken bedeutete, andererseits von was für einem Gebrechen er sprechen mochte.
"Wenn Ihr krank seid, kann ich Euch vielleicht helfen", bot sie sich an. "Es war regnerisch die letzten Tage, da habt Ihr Euch vielleicht einen Schnupfen zugezogen."
Oder an Fieber, das konnte seine Wahnvorstellungen erklären.